Image
19. Mai 2019
 / 

Dezernat Zukunft

 / 
 / 
Archiv

Was wir lesen – Mai 2019

3 min Lesezeit

DEZERNAT ZUKUNFT

Dieses Mal zu globalen Verflechtungen in Firmenbesitz und deren Implikationen, neuen Daten zur Einkommensverteilung und Arbeitslosigkeit in Europa, evidenzbasierter Politik und Fed swap lines während der Finanzkrise.

  • Eine Netzwerk-Analyse der 20 weltweit größten Investoren und deren Anteile an den 205 weltweit größten Unternehmen (nach Umsatz) zeigt, dass die globale Finanzialisierung eine Neuordnung und insbesondere Konzentration von Beteiligungsstrukturen ergeben hat. An über der Hälfte der untersuchten Unternehmen ist mindestens ein Investor aus dieser Gruppe mit mindestens 5 Prozent beteiligt; zudem sind 15 der 20 globalen Top-Investoren auch untereinander zu jeweils 5 Prozent beteiligt. Den Kern bilden dabei die US-Vermögensverwalter BlackRock und Vanguard, die weltweit das größte Beteiligungsnetzwerk aufweisen und z.B. an zwei Drittel der US-Unternehmen zu mind. 5 Prozent beteiligt sind. Die Ergebnisse sind angesichts der steigenden Beliebtheit passiver Anlageprodukte nicht überraschend. Jedoch stellt sich die Frage möglicher politökonomischer Folgen, sowie direkter Implikationen für Unternehmen, die die Autoren im Anschluss diskutieren. Hierzu passt ein Beitrag von Patrick Jahnke, der das Interesse an und die Ausübung aktiven Engagements passiver Anleger (Indexfonds) untersucht. Er spricht sich dagegen aus, Stimmrechte dieser Anleger zu beschränken, auch da sie durch die Größe ihrer Anlage ein wichtiges Kontrollorgan im Unternehmenskontext bilden können. Jedoch solle deren Engagement und Positionen transparenter gemacht werden, um sowohl akademischen als auch öffentlichen Diskurs zu erlauben.
  • Aufbauend auf einem neuen Datensatz zu Einkommensungleichheit in Europa von 1980 bis 2017 präsentiert das World Inequality Lab einige interessante Ergebnisse. Zunächst wird keine Konvergenz der Einkommen in Europa gefunden, stattdessen sank das Durchschnittseinkommen südeuropäischer Staaten relativ zum Kontinentalschnitt seit 1980, während nordeuropäische Staaten hier einen deutlichen Zuwachs verzeichnen konnten. Zudem stieg die Einkommensungleichheit in nahezu jedem europäischen Land für sich genommen. Der Vergleich mit den USA zeigt, dass trotz dieser Entwicklungen Europa eine geringere Ungleichheit aufweist, was insbesondere daran liegt, dass das Einkommen der ärmeren Hälfte der Europäer seit 1980 um 40 Prozent stieg, während es in den USA nahezu gleichblieb (+3 Prozent). Nichtsdestotrotz existieren in Europa höhere regionale Ungleichheiten, als zwischen US-Bundesstaaten. Auch in der Umverteilung durch Steuern und Transfers sind die USA scheinbar effektiver, jedoch kann damit die deutlich höhere Vorsteuer-Ungleichheit nicht ausgeglichen werden.
  • Weiter geht es in Europa und mit der immer noch hohen Arbeitslosigkeit in insbesondere den südeuropäischen Staaten. Philipp Heimberger analysiert die Entwicklung der Arbeitsmärkte sowie den Einfluss makroökonomischer Faktoren und kommt zum Schluss, dass nicht Arbeitsmarktderegulierung, sondern Kapitalbildung mit niedrigerer Arbeitslosigkeit verbunden ist. Er argumentiert daher, dass es an der Zeit wäre durch öffentliche Ausgaben und Projekte gegenzulenken und so wieder mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Einen zusätzlichen positiven Nebeneffekt hätten solche Programme, wenn man dadurch auch gesellschaftliche Herausforderungen, wie demographischen Wandel oder Digitalisierung, adressieren würde. 
  • Ein Plädoyer für evidenzbasierte Politik und deren Möglichkeiten, insbesondere angesichts des derzeitigen politischen Umfelds liefert Johannes Müller bei Makronom. Auch wenn die Umsetzung ein langer Weg wäre und der Prozess trotzdem nicht komplett apolitisch oder rational würde, liefert der Artikel einen wichtigen Impuls. Ähnliche Methoden werden bereits vom Abdul Latif Jameel Poverty Action Lab am MIT im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit angewendet.
  • Die Rolle der Fed als lender-of-last-resort während der Finanzkrise ist hinlänglich bekannt, weniger diskutiert wurde bisher jedoch die Allokation der bereitgestellten Gelder. Eine (ge-)wichtige Rolle spielten swap lines, die die Fed anderen Zentralbanken gewährte, insbesondere in Schwellenländern. Eine neue Studie zeigt nun, dass auch strategische, politische Überlegungen durchaus eine Rolle in der Zu- oder Absage von swap lines spielten. Für Länder, die eine Liberalisierung des Finanzsystems unterstützten, war es dabei wahrscheinlicher einen swap gewährt zu bekommen. Die Frage, inwieweit in einer zukünftigen Krise die Fed wieder einspringen würde, bleibt daher ambivalent, da sich vorherige Allianzen verschoben haben.

Hat dir der Artikel gefallen?

Show some love mit einer Spende
oder folge uns auf Twitter

Teile unsere Inhalte

Ähnliche Artikel aus unserem Archiv