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14. Oktober 2022
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Philipp Orphal

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Fachtexte

Zinsen statt Geldmenge

2 min Lesezeit

Phillip Orphal, Florian Kern, Max Krahé

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In diesem Papier zeigen wir, dass die Rechtsprechung über die Rechtmäßigkeit von Anleihekäufen durch die Zentralbanken des Eurosystems in Teilen auf der volkswirtschaftlichen Theorie des Monetarismus basiert und insbesondere auf einem Aufsatz von Thomas Sargent und Neil Wallace aus dem Jahr 1981 („Some Unpleasant Monetarist Arithmetic”). Doch der Monetarismus, schon in den 1970er- und 1980er-Jahren kontrovers, ist heute überholt. Die Annahmen, auf denen Sargent und Wallance ihr Argument aufbauen, waren bereits damals teils ungenau; heute ist allgemein anerkannt, dass sie in der Realität nicht zutreffen. Diesem wissenschaftlichen Fortschritt sollte im Rahmen der Auslegung Rechnung getragen werden.

Wir entwickeln daher in diesem Papier eine aktualisierte, „nicht-monetaristische Auslegung“ des Artikels 123 AEUV. Diese sollte in drei Bereichen von den in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben abweichen:

Erstens sollte das Verbot wegfallen, nach dem das Europäische System der Zentralbanken keine Sekundärmarktankäufe tätigen darf, die in ihrer Wirkung Primärmarktankäufen gleichkommen („Verbot von Tätigkeitwerden gleicher Wirkung).

Zweitens sollte die Einschränkung, die darauf abzielt, dass Sekundärmarktankäufe nicht die Anreize zu einer „gesunden“ Haushaltspolitik nehmen dürfen („Umgehungsverbot“), ersetzt werden. An ihre Stelle sollte die Einschränkung rücken, dass Sekundärmarktankäufe nur dem Ziel der Preisstabilität dienen dürfen sowie, wenn dies ohne Beeinträchtigung des ersten Ziels möglich ist, der Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Europäischen Union. Gesunde öffentliche Finanzen sind in Art. 123 AEUV nur ein Mittel zur Erreichung von Preisstabilität. Im Mittelpunkt der Auslegung sollte daher die Verfolgung von Preisstabilität stehen. Das allgemeine wirtschaftspolitische Ziel von gesunden öffentlichen Finanzen ist Gegenstand anderer Regelungen.

Drittens – und damit zusammenhängend – sollte das Bundesverfassungsgericht den Schutz des Budgetrechts des Bundestags nicht weiter an Art. 123 AEUV festmachen. Die darauf aufbauenden detaillierteren Maßgaben und Verbote schaden der Geldpolitik und damit der Preisstabilität. Das bedeutet nicht, dass das Bundesverfassungsgericht diesen Schutz aufgeben sollte. Stattdessen sollte er anhand jener rechtlichen Maßstäbe geprüft werden, die dafür geschaffen wurden: Art. 121, Art. 125 und Art. 126 AEUV.


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